Zug gegen Zug

Am Morgen des 9. Februar führt ein fataler Fehler zu einem Zugunfall nahe Bad Aibling mit zwölf Toten und 89 Verletzten. Chronologie eines vermeidbaren Unglücks

Von Christian Endt und Lisa Schnell

4.45 Uhr, Bad Aibling, Stellwerk

Ein Sturm zieht auf. Das hatte der Deutsche Wetterdienst noch in der Nacht gemeldet. Wohl deshalb hat sich Michael P. früher als sonst auf den Weg in die Arbeit gemacht. Eine dreiviertel Stunde dauert die Fahrt von dem Bauernhof, auf dem er mit seiner Familie lebt, bis zu seinem Arbeitsplatz am Bahnhof von Bad Aibling, zehn Kilometer westlich von Rosenheim. Noch vor Dienstbeginn um 5 Uhr erreicht P. das Stellwerk, das in einem Bahnhofsanbau untergebracht ist, direkt am Gleis 1. Als Fahrdienstleiter überwacht Michael P. die Gleise, er stellt die Weichen und setzt Signale. Er ist zuständig für die Strecke bis zu den Nachbarbahnhöfen Heufeld im Westen und Kolbermoor im Osten.

5.11 Uhr, Bad Aibling, Stellwerk

Michael P. startet auf seinem Smartphone das Videospiel „Dungeon Hunter 5“. In dem Fantasie-Rollenspiel jagt er als Kopfgeldjäger Monster und Schurken.

5.30 Uhr, Rosenheim

Yannik Elfers’ Wecker klingelt. Es ist Fasching, ganz Bayern hat frei. Yannik aber muss in die Arbeit, er macht eine Ausbildung zum Lageristen. Er quält sich aus dem Bett, geht ins Bad. Wasser ins Gesicht, Blick in den Spiegel: Er ist groß für seine 17 Jahre, aschblonde Haare, blasse Haut. Er zieht sich seinen grauen Kapuzenpulli an, die Arbeitsjeans, seine schwarze Jacke. Das Frühstück spart er sich, vielleicht erwischt er noch den frühen Zug, den er sonst immer sausen lässt. Er hofft, dass er früher heimfahren und am Abend noch in eine Bar gehen kann. Vielleicht hat er ja auch noch was von diesem Feiertag.

5.40 Uhr, Rosenheim

Michael Riffelmacher hat sich in der Küche einen Latte Macchiato mit vier Espressi gemacht. Der Anästhesist will früh in der Klinik sein, noch Schreibtischarbeit erledigen, bevor er in den OP geht. Ein Eingriff an der Wirbelsäule steht auf dem Plan. Riffelmacher trinkt seinen Kaffee aus, zieht die Jacke an, schnallt den schwarzen Piepser an den Gürtel und fährt in die Klinik.

6.27 Uhr, Rosenheim, Bahnhof

Yannik läuft die Treppe zum Gleis hoch. Er ist erleichtert, der Stress hat sich gelohnt: Sein Zug, Nummer M 79506, ist tatsächlich noch da. Der Triebfahrzeugführer raucht auf dem Bahnsteig noch eine Zigarette. Er wird den Tag nicht überleben.

Yannik steigt ein. Er hat einen Stammplatz, aber der ist besetzt. Also geht er weiter nach vorne. Ganz am Zuganfang, gleich hinter der Fahrerkabine, setzt er sich hin, gegen die Fahrtrichtung. Der Zug fährt los. Nächster Halt: Kolbermoor.

6.37 Uhr, Bad Aibling, Bahnhof

Jetzt sollte der Meridian 79505 aus Holzkirchen am Bahnhof Bad Aibling ankommen und eine Minute später in Richtung Kolbermoor weiterfahren. An einem normalen Tag sähe der Ablauf so aus:  

Martina Schories

Aber das Gleis ist leer. Auf der Anzeige, die über den Wartenden hängt, steht: Der Zug hat mindestens vier Minuten Verspätung.

6.38 Uhr, Bad Aibling, Stellwerk

Seit Dezember 2013 fahren auf der Mangfalltalbahn, einer Regionalverbindung zwischen Rosenheim und Holzkirchen, keine Züge der Deutschen Bahn mehr, sondern die der Bayerischen Oberlandbahn (BOB), einer Tochter des französischen Transdev-Konzerns. Für die Infrastruktur der Strecke ist weiter die Bahn-Tochter DB Netz zuständig. In den Dienstvorschriften der Bahn steht: Fahrdienstleiter dürfen ihre privaten Smartphones bei der Arbeit nutzen, wenn es für ihre Tätigkeit erforderlich ist. Spiele sind ausdrücklich verboten.

In der Spielbeschreibung zu „Dungeon Hunter 5“ steht: „In einer von Dunkelheit heimgesuchten Welt hat Gerechtigkeit einen hohen Preis.“

Der 39 Jahre alte Familienvater ist ein erfahrener Fahrdienstleiter, 1997 hat er seine Ausbildung abgeschlossen. Zuletzt arbeitete er für die DB Netz als Springer an unterschiedlichen Orten. An seinem Arbeitsplatz in Bad Aibling steht ein Tisch, auf dem die Gleise, Weichen und Signale der Strecke schematisch abgebildet sind.

Wo sollen die Züge aufeinander warten? In Kolbermoor oder in Bad Aibling? Er habe in einer Tabelle nachgeschaut und sei um eine Zeile verrutscht, wird P. später den Ermittlern sagen. Bad Aibling habe er da gelesen. 

6.40 Uhr, Kolbermoor, Bahnhof

Yanniks Zug erreicht den Bahnhof in Kolbermoor. Da die Strecke eingleisig ist, muss der Zug auf den entgegenkommenden M 79505 aus Holzkirchen warten. Im Fahrplan stehen fünf Minuten Aufenthalt bis zur Weiterfahrt.

6.40 Uhr, Bad Aibling, Stellwerk

P.’s Handy ist letztmalig mit dem Internet verbunden, wie später eine Auswertung der Mobilfunkdaten zeigen wird.

Mit einem roten Knopf stellt er die Signale um, in Kolbermoor sieht der Führer von Yanniks Zug ein grünes Licht. Er kann losfahren in Richtung Bad Aibling. Direkt nach dem Bahnhof liegt eine Weiche, an der die beiden Gleise zusammenfließen.

Martina Schories

6.41 Uhr, Bad Aibling, Gleis 2

Der Zug aus Holzkirchen kommt in Bad Aibling an, mit vier Minuten Verspätung. Laut Fahrplan ginge es jetzt direkt weiter in Richtung Rosenheim. Weil Michael P. aber den Ablauf geändert hat, bekommt der Zugführer keine Freigabe zur Ausfahrt. Das Signal zeigt automatisch rot. Die eingleisige Strecke ist belegt vom entgegenkommenden Zug M 79506, Yanniks Zug. 

6.43 Uhr, Bad Aibling, Stellwerk

Doch Michael P. will nun auch den anderen Zug auf die Strecke schicken. Der Fahrdienstleiter kann das Signal indes nicht einfach auf Grün stellen – die Technik des Stellwerks erlaubt es eigentlich nicht, zwei Züge auf dasselbe Gleis zu schicken.

Manchmal kommt es aber vor, dass ein Zug liegen bleibt und ihm ein zweiter zu Hilfe kommen muss. Oder dass ein Systemfehler die Strecke irrtümlich sperrt. Für solche Fälle hat der Fahrdienstleiter die Möglichkeit, in die Automatik einzugreifen. Er kann den Zugführer anweisen, in eine gesperrte Strecke einzufahren.

Genau das macht Michael P. nun. Der Zugführer des in Bad Aibling wartenden M 79505 Richtung Rosenheim sieht nun unterhalb des roten Haltesignals drei weiße Lämpchen. Die Anweisung zur Abfahrt.

Martina Schories

Bevor ein Fahrdienstleiter ein solches Signal setzt, muss er sich versichern, dass die Strecke frei ist. P. hätte wissen müssen, dass dies nicht der Fall ist – hat er doch vor wenigen Minuten eigenhändig dem anderen Zug die Freigabe erteilt. Nun sind zwei Züge auf der eingleisigen Strecke.

In modernen, elektronischen Stellwerken wäre P. deutlicher auf seine erste Freigabe hingewiesen worden: durch einen dicken, leuchtenden Pfeil. Im Bad Aiblinger Stellwerk aber fehlt eine solche Anzeige. Ein Sicherheitsrisiko, das der Deutschen Bahn seit Langem bekannt ist, wie eine mit der Unfalluntersuchung vertraute Person sagt. Eine interne Richtlinie empfehle seit den 80er-Jahren, alte Relaisstellwerke entsprechend nachzurüsten. In Bad Aibling ist das nie geschehen. Die Bahn möchte sich dazu nicht äußern.

6.44 Uhr, Kolbermoor, Gleis 2

Yannik blickt aus dem Fenster. Leere Gleise. Seltsam. Normalerweise steht hier immer der Zug, der ihm von Holzkirchen entgegenkommt. Ist der vielleicht noch in Bad Aibling? Wartet der? Fällt der aus?

6.45 Uhr, Kolbermoor, Gleis 2

Yanniks Zug fährt pünktlich los in Richtung Bad Aibling. Yannik hat seine Kopfhörer im Ohr, er tippt auf dem Handy herum.

6.45 Uhr, Bad Aibling, Kurpark

800 Meter nach dem Bahnhof erreicht M 79505 eine zweite Haltestelle. Auch hier setzt der Fahrdienstleiter das Signal zur Weiterfahrt. Ohne diese Anweisung wäre der Zug einfach stehen geblieben.

Der Zugführer passiert das Signal und beschleunigt. Jetzt fahren beide Züge auf direktem Kollisionskurs aufeinander zu.

6.45 Uhr, Bad Aibling, Stellwerk

Michael P. hat seinen Fehler bemerkt, er beendet das Handyspiel. 

P. will den Zug aus Kolbermoor noch stoppen, das Signal von Grün auf Rot stellen. Da begreift er, dass der Zugfahrer schon auf der Strecke ist und das Signal unmöglich sehen kann.

6.46 Uhr, Bad Aibling, Stellwerk

P. setzt einen Notruf ab. Über Funk will er die Lokführer der beiden aufeinander zurasenden Züge alarmieren: „Achtung, Betriebsgefahr zwischen Kolbermoor und Bad Aibling. Züge sofort anhalten!“ Doch die Zugführer hören ihn nicht – weil Michael P. den falschen Knopf gedrückt hat. Sein Funkruf erreicht nicht die Lokführer, sondern andere Fahrdienstleiter. Die sitzen weit weg und können nicht eingreifen. 

6.46 Uhr, Mangfalltal 

Es ist ein nasskalter, dunkler Morgen. P. hat folgenschwere Fehler begangen. Von nun an ist er machtlos. Es beginnt die Geschichte derer, die mit den Folgen kämpfen.

Ein paar Sekunden der Stille bleiben Yannik noch, bevor sein Zug mit 78 km/h frontal in den M 79505 rast, der ihm mit 51 km/h entgegenkommt.

6.47 Uhr, Zug M 79506

Der Knall ist gar nicht mal so laut. 

Als klatschte jemand nah am Ohr in die Hände. Eine brutale Kraft drückt Yannik in den Sitz und schleudert ihn wieder nach vorne. Reißt ihm die Kopfhörer aus den Ohren, drückt ihm Stahl in den Rücken, Sitze in den Bauch. Alles im Bruchteil einer Sekunde, und gleichzeitig wie in Zeitlupe.

So wird es Yannik später erinnern. 

Martina Schories

Er sieht Schwarz. Nichts als Dunkelheit. Hat er die Augen zu? Sind die Lichter im Zug ausgegangen? Er weiß es nicht, er weiß überhaupt nichts. Er öffnet die Augen, vor sich sieht er freien Himmel, rechts neben ihm Wald, den Mangfalldamm. Um ihn herum einen Schrottplatz. Sein Mund schmeckt Staub, es riecht nach Altglas und Metall. Wo ist er? Was ist passiert?

6.48 Uhr, Bad Aibling, Schön-Kliniken

Michael Riffelmacher steht am Operationstisch, der Patient vor ihm wird gerade für die Narkose vorbereitet. „Du, dein Piepser meldet Alarm“, hört er jemanden sagen. Er übergibt an einen Kollegen, ruft die Integrierte Leitstelle Rosenheim an. Dort sagen sie: „Frontalzusammenstoß von zwei Personenzügen.“ Ein MANV1, Massenanfall von Verletzten. Oh Gott, was Großes, denkt Riffelmacher. Mindestens 50 Verletzte, noch nie hatte er bei Notfalleinsätzen so viele. „Bucht mich drauf“, sagt er.

6.52 Uhr, Kolbermoor

Franz Wudy ist im Bad, er hat noch nicht gefrühstückt, da hört er seinen Piepser. Immer wieder, ein Alarm nach dem anderen. Er liest: „Zug gegen Zug“. Der Feuerwehrmann traut der Nachricht nicht. Wäre nicht das erste Mal, dass sich eine schlimme Meldung als harmlos herausstellt. 

7.00 Uhr, im M 79506

Yannik hört Schreie, dumpf, als kämen sie aus der Ferne. Sie werden lauter. Menschen rufen um Hilfe, wimmern, stöhnen. Da merkt er: Einer derer, die da brüllen, ist er selbst. Plötzlich spürt er den Schmerz, er drückt ihm in den Rücken, sticht ihn in den Nacken, quetscht seine Rippen. Wie ein schriller, permanenter Ton durchdringt der Schmerz seinen Körper, betäubt ihn, unaufhörlich, unerträglich.

Er spürt die Panik, bekommt kaum Luft, kann sich nicht bewegen. Vor ihm, hinter ihm: verbogener Stahl, Alu, Sitze. Er blickt an sich hinunter. Nur ein paar Zentimeter unter ihm fängt das Schrottbündel an, in dem er steckt. Das Knäuel reicht ihm bis zur Nase. Seine Arme sind vor dem Körper verkreuzt. Er sieht sein linkes Bein. Wo ist sein rechtes? Panisch klopft er mit der Hand auf sein linkes Bein, spürt die Berührung im rechten. Sein Bein ist so verdreht, dass er das linke für das rechte hält. 

7.13 Uhr, im M 79506

Yanniks Gesicht klebt, er weiß nicht, dass es Blut ist. Zwischen den zusammengeschobenen Sitzen sieht er einen abgetrennter Fuß. Eine Frau stolpert vorbei, starrt auf etwas, das sich oberhalb von Yannik befinden muss. Er sagt ihr, sie solle gehen. Er ahnt, dass über ihm Leichen hängen.

 Fast eine halbe Stunde ist er nun schon gefangen im Metall. Er kann die Uhrzeit auf seinem Handy sehen, das er immer noch umklammert in der linken Hand hält. Es vibriert, immer wieder. Auf dem Display stehen 26 verpasste Anrufe. Er kann nur spüren, dass jemand an ihn denkt, aber er kann nicht abheben, nicht die 112 wählen. Das wird doch wohl jemand anders gemacht haben?

7.14 Uhr, in Yanniks Elternhaus

Auch Michael Elfers hält sein Telefon umklammert in der Hand. Ist sein Sohn im Zug, ist er nicht im Zug? Yannik hat sein Handy doch immer eingeschaltet. Und wenn er nicht rangeht, ruft er sofort zurück. Immer wieder fragen sich seine Eltern: Warum ruft er nicht zurück? Das Radio läuft, immer wieder hören sie die Meldungen vom Zugunglück. Warum ruft Yannik nicht zurück? Wählen, Freizeichen, Mailbox. Wählen, Freizeichen, Mailbox.

7.15 Uhr, im M 79506

Yannik will hier endlich raus. Warum hilft ihm keiner? Ein Mann hat Fotos gemacht mit seinem Handy. Und ist gegangen. Ein anderer hat ihm das Fahrrad auf seinem Kopf weggebogen. Und ist gegangen. Der betäubende Schmerz, die Schreie eines Mannes, die plötzlich verstummen. Jede Minute eine Ewigkeit. Es hämmert in Yanniks Kopf: Wo seid ihr?

7.20 Uhr, am Mangfalldamm

Michael Riffelmacher hält am Mangfalldamm. Mit dem Auto kommt er nun nicht weiter. Das Gelände ist hügelig, die verunglückten Züge liegen zwischen einem Wald und Gebüsch. Riffelmacher fängt an, durch die Dunkelheit zu laufen.

Im Laufe des Tages werden etwa 15 Rettungshubschrauber im Einsatz sein, um die Schwerverletzten in umliegende Krankenhäuser zu bringen. Rettungsboote von Wasserwacht und Technischem Hilfswerk transportieren Verwundete von der schwer zugänglichen Unfallstelle über den Mangfallkanal.

7.20 Uhr, Kolbermoor

Die Feuerwehrleute um Franz Wudy sind auf den Gleisen Richtung Unfallstelle unterwegs, auf Schienenplattformwagen. Mit diesen Wägelchen transportieren sie Spreizer, Scheren und Stromaggregate zu den verunglückten Zügen.

Franz Wudy sieht einen der Züge. Von hinten wirkt er vollkommen in Ordnung. Ist es vielleicht doch harmloser als gemeldet? Da hält sein Kommandant die Hand hoch. „Überlegt euch, wer vorgeht“, sagt er. Es gebe Leichen und stark Verletzte. Wudy ist seit 30 Jahren bei der Feuerwehr. Er tritt nach vorne. 

7.25 Uhr, im M 79506

Endlich. Hilfe. Nur fünf Meter entfernt von Yannik stehen Feuerwehrleute. Aber dazwischen liegt der Schrott der Katastrophe. „Ich kann meine Beine nicht bewegen!“, schreit Yannik.

Franz Wudy steht auf der anderen Seite des Schrotts. Er hört die Rufe. Sie kommen von ganz vorne. Wie soll er dort hin kommen?

Der Zug liegt schräg. Der Boden, auf dem Wudy steht, ist schief und glitschig. Der Mittelgang zwischen den kreuz und quer verschobenen Sitzen ist schmal. Er führt ins Chaos. Dorthin, wo der Junge schreit.

„Ich bekomme keine Luft mehr!“, schreit Yannik. Warum kommen sie denn nicht? Er kann sie sehen, sie ihn jedoch nicht. Gleich, gleich explodiert sie wieder in ihm, die Panik.

Franz Wudy kämpft sich vor. Kabel hängen von der Decke. Ist da noch Strom drauf? Er zieht den Kopf ein, von oben ragen scharfe Metallteile nach unten, von den Seiten ritzen sie in seinen Schutzanzug. Endlich sieht er den Jungen, eingekeilt bis zum Hals in Stühle, als trüge er eine groteske Ritterrüstung. Bis auf drei Meter kann er sich ihm nähern, dann stoppt ihn die Schuttwand.

Auf der einen Seite dieser Wand wird Yannik von Hoffnung übermannt, sie macht ihn schier verrückt: Jetzt dauert es nicht mehr lang. Bald bin ich in der Arbeit. Was wird mein Chef sagen?

Auf ihrer anderen Seite starrt Wudy auf die Trümmer. Er denkt: Das dauert zwei Stunden, vorher haben wir keine Chance. Er sagt: „Wir helfen dir. Aber es dauert ein bisschen.“ Dann geht er. Yanniks Hoffnung nimmt er mit. 

7.29 Uhr, Bad Aibling

Sonnenaufgang im Mangfalltal.

8.00 Uhr, in Yanniks Elternhaus

Yanniks Vater ruft bei dem Lageristen an, bei dem der Junge seine Ausbildung macht. Nein, er ist nicht da. Dann muss er im Zug sein. Oh Gott, er ist im Zug. Im Radio melden sie Tote. 

8.00 Uhr, im M 79506

Notarzt Michael Riffelmacher arbeitet sich durch den Zug, von einem Patienten zum nächsten. Selten hat er so schlimme Verletzungen gesehen. Zum Nachdenken bleibt keine Zeit. Er checkt die Vitalparameter der Opfer: Atmung, Puls, Kreislauf. Er spritzt Schmerzmittel, legt Halskrausen an, hebt die Opfer auf die Tragen, einen nach dem anderen. Raus aus dem Zug, zum Behandlungsplatz, ins Krankenhaus, der nächste Verletzte wartet. Drei sind es noch, drei bis zu dem Jungen. Er ist jung. Er kann überleben. Aber es muss jetzt schnell gehen.

Yannik schreit und verstummt, schreit und verstummt. Ein paar Sekunden kann er den Schmerz unterdrücken, dann braucht er ein Ventil. Für den Schmerz und für die Wut. Warum kümmert sich niemand um ihn? Wieder kommt ein Feuerwehrmann. „Wir müssen noch die anderen versorgen, dann kommen wir zu dir“, sagt er. „Lass den da hinten doch einfach liegen, der stirbt doch sowieso“, schreit Yannik in seiner Verzweiflung.

Drei Verletzte noch. Drei, die sie noch mit Spreizer und Schere rausschneiden müssen, die unter Sitzen und Metall begraben sind. Das Blut, den Horror, Wudy sieht das alles nicht mehr. Er funktioniert. Der Feuerwehrmann denkt an den eingeklemmten Jungen. Wie soll man den da rauskriegen? Wudy weiß es nicht.

Yannik bekommt schlecht Luft. Und er ist müde. Die Polizistin scheint das nicht zu verstehen. Sie redet seit Ewigkeiten auf ihn ein. Sie heißt Yasmin. Sie ist nett, jung, hat kurze blonde Haare. Sie steht auf dem Rücken eines Feuerwehrmanns, um überhaupt in Yanniks Nähe zu kommen.

„Wie heißt du?“ – „Was ist deine Lieblingfarbe?“ – „Spielst du gern Fußball?“ Die Polizistin stellt ihm unentwegt Fragen, sie will verhindern, dass er einschläft. Yannik ist genervt von der Fragerei. Aber es fühlt sich auch gut an, dass sich endlich jemand kümmert, bei ihm bleibt, seine Hand hält. Die eine Hand, die herausragt aus der Schrottrüstung, in der er gefangen ist. Er blickt durch das Fenster auf die Reihen von Menschen auf der Wiese, alle bedeckt mit weißen Tüchern. Vielleicht stirbt er hier. Yannik ängstigt der Gedanke nicht. Er will nur, dass es aufhört. Wie, das ist ihm egal. Tod und Rettung, für ihn ist das mittlerweile dasselbe. Das sagt er auch Yasmin. Sie meine es ja gut, aber sie solle ihn jetzt einfach mal sein lassen. Er sei müde und wolle schlafen. Doch sie sagt immer wieder: „Heute wird nicht gestorben. Wir gehen hier gemeinsam aus dem Zug raus.“

8.50 Uhr, im M 79506

Franz Wudy überlegt, wo er ansetzen soll. Er betrachtet den Jungen: Vor ihm die Sitze, rechts von ihm noch ein Stück Zugwand, schräg über ihm Aluplatten und Stahl. Wo liegen die Teile auf? Welche Lasten stecken da dahinter? Wudy weiß: Wenn er einen Fehler macht, bricht alles zusammen, dann begräbt der Schrott sie alle lebendig. Oder sie werden erschlagen von einem Metallstück, das wegschnellt, er, seine Feuerwehrleute, der Junge, Notarzt Riffelmacher.

Wudy steht draußen auf einem Gerüst, ein Kollege arbeitet sich von innen vor. Sie schneiden Teil um Teil ab. Der Spreizer rutscht ab. Stille. Nichts. Weiter machen. Ihr Schneiden und Sägen klingen für Yannik wie der Lärm Hunderter Kettensägen. Sie halten ihm eine Hand auf’s Ohr. Das Konstrukt, in dem er hängt, bewegt sich ein wenig. Der Schmerz wird lauter, ihm wird übel. Yannik sieht, wie sie einen Sitz weg heben, sich langsam zu ihm vorschneiden. Aber wo sind seine Beine? Auch die Feuerwehrleute sehen sie nicht, aber sie schneiden immer weiter. Yannik schreit. Sie sollen ihm seine Beine lassen.

Endlich wird es leichter um Yanniks Becken. Endlich strömt wieder Luft in seine Lunge. Er kann wieder richtig atmen. Den Arm bewegen. Ein seltsames Gefühl. Jetzt ist er sich sicher: Ich komm’ da raus, ich komm’ da wirklich raus.

Der Unterarm ist freigelegt, Riffelmacher kann nun einen venösen Zugang legen, etwas tun, wirklich helfen. Er fährt von unten an Yanniks Brust, tastet sich vor, klebt blind ein paar EKG-Elektroden. Er bindet den Stauschlauch um den Arm.

Yannik sieht die Spritze. Er zieht den Arm weg. Der Notarzt sieht ihn erstaunt an. Yannik hat tatsächlich Angst vor dem Pieks. „Ich will kein Medikament“, sagt er. „Okay“, sagt der Notarzt und steckt die Spritze weg. Da packt es Yannik: „Ich will sie doch!“ Die Nadel dringt in seine Haut. Der schrille Ton in ihm wird leiser. Alles wird leichter. Er spürt wieder die fremde Hand auf dem Ohr, hört die Kettensägen. Auch sie werden leiser. Und leiser. Dann: nichts mehr. 

9.00 Uhr, in Yanniks Elternhaus

Der Akku von Yanniks Handy ist leer. Michael Elfers ruft bei der Kripo Rosenheim an. Niemand kann ihm sagen, wo sein Sohn ist, wie es ihm geht. Im Radio heißt es mittlerweile: neun Tote. Yanniks Vater setzt sich ins Auto und fährt Richtung Rosenheim. Was er da soll, weiß er nicht so genau. Aber einfach nichts tun, das kann er nicht mehr. Er will einfach nur zu Yannik.

10.20 Uhr, an der Unfallstelle

Wudy hievt die letzten Metallbrocken in die Höhe. Der Junge ist frei! Wudy spürt wie der Druck auf seiner eigenen Brust sich löst, erst jetzt wird ihm bewusst, welche Last auf ihm lag. Eine Last, die nur kennt, wer schon mal ein Leben in seinen Händen gehalten hat.

Riffelmacher hievt den Jungen mit vier Helfern auf eine Trage. Mit dem Bauch nach unten liegt er auf dem schmalen Brett. Auf seinen Rücken legen sie die Schleifkorbtrage, eine große Wanne. Der Junge liegt jetzt wie in einem Sandwich. Schnell, aber behutsam drehen sie ihn um, tragen ihn zum Behandlungsplatz auf der Wiese. Riffelmacher weiß: Der Junge braucht eine große Klinik, ein Traumazentrum und das möglichst schnell.

Ein Hubschrauber soll Yannik in eine Spezialklinik bringen. Die Trage wird am Seil des Helikopters befestigt. Bald schwebt Yannik davon, Richtung Murnau. Riffelmacher sieht, wie der rote Bergesack mit dem Jungen immer kleiner wird. Langsam löst sich auch in ihm die Spannung.

11.00 Uhr, Rosenheim

Alle Verletzten sind gerettet. Der Satz hämmert in Michael Elfers Kopf. Alle gerettet, und er hat noch nichts gehört. Das heißt: Yannik ist tot. Oder? Die Kripo Rosenheim sagt, sie können ihm keine Auskunft geben. Oder wollen sie nicht? Wenn jemand gestorben ist, das weiß Elfers, dann sagen sie das den Angehörigen nicht am Telefon.

11.30 Uhr, an der Unfallstelle

Franz Wudy konnte einen Schluck Wasser trinken, den ersten seit fünf Stunden. Zwei Minuten lang so etwas wie Pause. Doch noch müssen die Leichen geborgen werden. Neun Leichensäcke liegen auf Wudys Wägelchen. Er schiebt ihn auf den Gleisen entlang Richtung Kolbermoor. Neun Leben, neun Väter, Söhne, Töchter, Brüder. Wudy darf nicht darüber nachdenken. Er schiebt seinen Wägelchen. Er funktioniert.

12.30 Uhr, Bad Aibling

Das Handy von Riffelmacher klingelt. Es ist seine Frau. „Wie geht’s Dir?“ – „Frag jetzt lieber nicht.“ – „Warst mitten drin?“ – „Ja, mitten drin“. Dann legen sie auf. Michael Riffelmacher steht im Rathaus von Bad Aibling. Hier sollte an diesem Tag eigentlich das Faschingsprinzenpaar tanzen. Jetzt wird der Notarzt von Journalisten befragt.

Ja, wie geht es ihm eigentlich? Er versucht, seine Fassung zu bewahren, sachlich zu bleiben. Irgendwas passiert mit ihm, irgendwas ist anders als sonst nach seinen Einsätzen. Er sieht den großen Rathaussaal, all die Stühle für die Pressekonferenz. Er hört die bedachten Worte vom bayerischen Innenminister, sieht das kreidebleiche Gesicht des Bundesverkehrsministers. 



Youtube

All die wichtigen Leute, die vielen Journalisten. Manche telefonieren auf Englisch mit der BBC. Erst jetzt begreift Riffelmacher das Ausmaß der Katastrophe.

13.00 Uhr, Kolbermoor

Franz Wudy riecht die Leberkässemmel. Er hat einen Riesenhunger. Er setzt sich auf eine der Bierbänke im Feuerwehrhaus Kolbermoor. Gott, schmeckt das gut. Er kaut. Schluckt. Dann wird es ihm flau im Magen. Er will nur eines: losheulen. Oben gebe es psychologische Betreuung, sagt einer. Wudy geht die Treppen rauf. Ein Gewusel aus Kriseninterventions-Teams, Angehörigen, Feuerwehrmännern. Ihm ist das alles zu viel. Ein psychologischer Betreuer will mit ihm reden. Wudy winkt ab. „Ich geh jetzt nach Hause.“

13.30 Uhr, Rosenheim

Michael Elfers steht in der Wohnung seines Sohnes in Rosenheim. Yanniks Kaffeetasse, seine Klamotten auf dem Stuhl – vor ein paar Stunden war sein Sohn noch hier. Und jetzt? Elfers glaubt nicht mehr, dass er noch lebt. Sie haben alle Krankenhäuser angerufen, die ihnen eingefallen sind: München, Rosenheim, Chiemsee, Raum Tegernsee, Salzburg, Innsbruck – nichts. „Was ist mit Murnau?“, fragt Yanniks Mitbewohnerin. Weit weg, ja, aber eine Spezialklinik. Sie kennt dort jemanden, ruft ihn an.

„Yannik Elfers? Der wird gerade operiert“, sagt der Mann. Für Michael Elfers fühlt es sich an, als wäre sein Sohn zum zweiten Mal geboren worden.

15.00 Uhr, Bad Aibling, Schön-Kliniken

Riffelmacher wähnt sich zwischen zwei Welten. In der einen ist er der Leiter der Anästhesie, der im Aufwachraum seiner Klinik steht und mit Kollegen auf einen Computer-Bildschirm blickt. Wie sieht der OP-Plan für den nächsten Tag aus? Wer muss wann wo hin? Der Alltag, das Tagesgeschäft fühlen sich gut an. Er ist beinahe verwundert, dass überhaupt noch etwas steht in dieser Welt. Dass es noch einen Ort gibt, an dem alles ist wie immer, an dem er sich sicher fühlt, geborgen fast. Nicht so, wie in der anderen Welt. Im Zug, bei dem Jungen in den Trümmern. Seine gelbe Einsatzjacke hat er nicht mehr an, die Bilder aber bleiben in seinem Kopf.

15.00 Uhr, Kolbermoor

Franz Wudy öffnet die Tür zu seinem Haus, und auf einmal brechen alle Dämme. Er weint und weint, mindestens eine halbe Stunde lang. Erst ruft er seine Lebenspartnerin an, dann seine Tochter, sie ist 19. Zwei Jahre älter als der Junge. Wudy erzählt, weint, erzählt.

17.00 Uhr, Rosenheim

„Papa, wie geht’s dir denn?“, fragt Riffelmachers jüngste Tochter, 16, ihren Vater. Sie sitzen auf dem Sofa, sein Sohn, seine Frau, seine Tochter, die älteste am Telefon. Riffelmacher umarmt die Familie. Seine Frau ist Homöopathin, sein Sohn Rettungsassistent. Der ist neugierig: Wie hat es da ausgesehen? Was waren das für Verletzungen? Die Details erzählen zu können, nichts aussparen zu müssen, befreit Riffelmacher. Nebenher läuft der Fernseher. Überall die zerfetzten Züge, das Knattern der Hubschrauber und auch Riffelmacher im Gespräch mit Journalisten. Sein Handy vibriert. SMS, E-Mails von Freunden, Familie, Studienkollegen aus Deutschland, Amerika, ja sogar Südafrika, die ihn alle gesehen haben. Sie fragen, ob es ihm gut geht. Zum zweiten Mal merkt er, wo er da eigentlich dabei war.

17.23 Uhr, Bad Aibling

Im Mangfalltal geht die Sonne unter.

20.00 Uhr, ARD

Die „Tagesschau“ beginnt mit den Bildern aus Bad Aibling. Eine verwackelte Hubschrauber-Aufnahme zeigt, was von den beiden Zügen übrig ist. Darauf ist zu sehen, wie M 79505 eine Seitenwand des entgegenkommenden M 79506, Yanniks Zug, der Länge nach aufgerissen hat. Nachrichtensprecherin Linda Zervakis sagt, es sei unklar, wie es zu dem Unglück kommen konnte. Man wisse noch nicht, ob es sich um technisches oder menschliches Versagen handelte. Michael P. ist da längst von der Kripo Rosenheim befragt worden.

Später werden Untersuchungen zeigen, dass sowohl die beiden Züge als auch die Technik an der Strecke in einwandfreiem Zustand waren. Laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Traunstein waren es einzig die Fehler des Fahrdienstleiters, die den Unfall verursacht haben.

21.00 Uhr, Unfallklinik Murnau

Mehr als sechs Stunden wurde Yannik operiert. Sein Vater saß die ganze Zeit in dem weißen, kahlen Krankenhausflur. Endlich geht die Tür zum Aufwachraum auf. Yannik liegt da auf dem Bett, er ist im künstlichen Koma. Maschinen flimmern, piepen. Von einer führt ein Schlauch zu Yanniks Mund, tausend andere an seine Brust, seine Füße. Überall hat er Schnittverletzungen und Abschürfungen, am Kopf, am Hals, an der Schläfe.

Das Gesicht seines Sohnes ist hinter all den Pflastern und Verbänden kaum zu erkennen. „Hauptsache, er lebt“, sagt sich Michael Elfers immer wieder. Er zieht einen Stuhl an die Bettkante, nimmt die Hand seines Sohnes. Er hofft, dass seine Worte irgendwie den Weg durch den Nebel des Komas finden: „Ich bin da.“

22.00 Uhr, Kolbermoor

Feuerwehrmann Wudy ist nur noch müde. Er hat sich leer erzählt. Fast alles konnte er seiner Freundin sagen. Nur die gruseligen Details hat er weggelassen. Die Bilder von der Gewalt, die zwei aufeinanderrasenden Züge einem menschlichen Körper antun können, er nimmt sie mit in seine Träume.

22.30 Uhr, Rosenheim

Riffelmacher liegt im Bett. Seine Gedanken kreisen: Wie abrupt alles zu Ende sein kann, wie ohnmächtig man dem Schicksal begegnen muss. Der nächste Tag ist ein Mittwoch. Er ist als Notarzt eingeteilt. Er denkt an die roten Rettungshosen, die er dann wieder anhaben wird. Er denkt, was er noch nie gedacht hat vor einer Schicht: Hoffentlich passiert morgen nichts.

3.30 Uhr, Murnau

Yannik öffnet die Augen. Ein dunkles Zimmer, schales Mondlicht fällt durch ein Fenster. Er sieht die weiße Bettdecke über ihm, das Ende eines Krankenhausbettes. Wie spät ist es? Wo ist er? Er blickt auf die Uhr an der Wand. Eine Uhr? Nein, das ist ein Lüftungsschacht. Eine Krankenschwester kommt herein. „Es ist halb vier“, sagt sie. Am Nachmittag? Sie schüttelt den Kopf. Geht wieder. Was ist mit dem Zug passiert? Yannik weiß es nicht. In seinem Kopf ist nur dieser eine Satz der Polizistin: Heute wird nicht gestorben.

Wie es weitergeht

20. Februar

Elf Tage nach dem Unglück beginnt auf der Strecke zwischen Rosenheim und Holzkirchen wieder der normale Zugbetrieb.

12. April

Fahrdienstleiter Michael P. wird festgenommen und kommt in Untersuchungshaft.

13. April

In einem Münchner Krankenhaus stirbt ein weiterer Insasse der Unglückszüge an seinen Verletzungen. Es ist das zwölfte Todesopfer.

18. Juli

Die Staatsanwaltschaft Traunstein erhebt Anklage gegen den Fahrdienstleiter: wegen fahrlässiger Tötung in zwölf Fällen und fahrlässiger Körperverletzung in 89 Fällen.

10. November

Um 9 Uhr soll vor der Zweiten Strafkammer im Landgericht Traunstein der Prozess gegen Michael P. beginnen. Der Vorsitzende Richter Erich Fuchs hat zunächst sieben Verhandlungstage angesetzt, das Urteil könnte demnach am 5. Dezember fallen. Die Höchststrafe für fahrlässige Tötung beträgt fünf Jahre Haft. Mehr als zwei Dutzend Opfer und Hinterbliebene werden als Nebenkläger von fast zehn Anwälten vertreten. Der geständige P. hat zwei Verteidiger an seiner Seite, die versuchen werden, eine möglichst großen Teil der Schuld im System der Bahn festzumachen. Dies trifft sich mit der Strategie einiger Nebenkläger, da von P. selbst kaum Schmerzensgeld und Entschädigung zu erwarten sind. Eine zentrale Rolle im Prozess werden vermutlich vier Gutachter spielen: Je ein Experte für Bahntechnik, Funktechnik, Rechtsmedizin und IT.