Besser mitreden –
im Democracy Lab

Worum geht es?

Das Democracy Lab ist ein Diskurs-Experiment der Süddeutschen Zeitung im Wahljahr 2017.

Warum machen wir das?

Politische und gesellschaftliche Diskussionen sind in den vergangenen Jahren ruppiger und unversöhnlicher geworden. Weil das der Demokratie schadet, wollen wir dieser Entwicklung etwas entgegensetzen.

Was haben wir gemacht?

In der ersten Phase wollten wir herausfinden, welche Themen Deutschland bewegen. Wir sind deshalb durch die Republik gefahren und haben gefragt: Was muss sich ändern? Gleichzeitig konnte man sich online mit einem neuen Tool beteiligen. 5000 Antworten haben wir gesammelt und ausgewertet. Bei der anschließenden Abstimmung wurden diese fünf Themenkomplexe am häufigsten gewählt: soziale Ungleichheit, Umweltschutz, Bildungspolitik, Flüchtlingspolitik und die Frage nach Werten in Politik und Gesellschaft.

In der zweiten Phase haben wir bei Veranstaltungen in fünf Städten bundesweit mit Ihnen darüber diskutiert. Mehr dazu lesen Sie hier:

Berlin: Demokratie und Werte - Das große Deutschlandgespräch

Leipzig: Asylpolitik - Wenn Flüchtlingshelfer auf Skeptiker treffen

Köln: Bildungspolitik - Neue Welt, alte Schule

Stuttgart: Klimaschutz - "Mit unserem Lebenswandel stimmt was nicht"

München: Soziale Ungleichheit - "Die Leute schreien nach Veränderung"


Alle Leser, die nicht in Berlin, Leipzig, Köln, Stuttgart oder München dabei waren, konnten bei unseren Online-Diskussionen mitmachen:

Leser fragen, Redakteure antworten: Ideen zur Klima- und Umweltpolitik im Realitätscheck

Whatsapp-Diskussion: Drei Thesen zum Thema Schule und soziale Medien

Online-Debatte: Live-Diskussion mit Lesern über die Erbschaftsteuer

Pingpong der Positionen: Ein Leser und ein SZ-Autor im schriftlichen Schlagabtausch zur Flüchtlingspolitik

Rückblick: ein Diskussionsexperiment

Die Initialzündung zur zweiten Runde des Projekts war eine Art Experiment zum Experiment, bei dem ein Missstand im Fokus stand: Deutschland kann nicht streiten. Die Diskussionskultur hat gelitten, es dominieren persönliche Animositäten, Hate Speech, zumindest aber "Jetzt lassen Sie aber mal mich ausreden"-Inszenierungen. Das eigentliche Ziel eines demokratischen Austauschs fällt allzu oft unter den Tisch: die gemeinsame Suche nach Ideen und Lösungen, die nur mit Offenheit und Verständnis für die Gegenseite machbar ist. Wir wollten eben das mit dem neuen Diskussionsformat "Das ist deine Meinung" angehen, einem Live-Experiment im Münchner Werksviertel. Auf die Bühne kamen die fünf Themen, die Sie vorgeschlagen und ausgewählt haben.

Etwa vierzig Diskutanten testeten an diesem Abend ein Diskussionsformat, bei dem Menschen nicht in eine persönliche Auseinandersetzung geraten, sondern Meinungen auf sachlicher Ebene gegeneinander antreten sollen. Die Diskutanten mussten sich für drei Minuten von ihren eigenen Ansichten verabschieden und die Positionen der Gegenseite einnehmen. Die Herausforderung dabei: die anderen Meinungen so exakt auf den Punkt bringen, dass die Gegenseite zustimmt. Wie das funktioniert hat? Ungefähr so:

Süddeutsche

Im Rahmen des Democracy Labs haben sich die Diskutanten aufgemacht, unter Laborbedingungen Demokratie zu trainieren. Das mag pathetisch klingen, wird aber sehr greifbar, als aus einer der vorderen Reihen die zentrale Frage kommt. Eine Lehrerin hat beim Thema Flüchtlinge die magentafarbene Abstimmungskarte gezeigt. Sie sticht deutlich heraus aus der Mehrheit grüner Karten, die für eine "Wir schaffen das"-Haltung stehen. Die Lehrerin hingegen spricht sich mittels Karte für eine Obergrenze in der Zuwanderung aus - und schiebt die Frage nach: "Darf man das hier sagen?" Man darf. Mehr noch: Man muss.

"Freiheit", hat Rosa Luxemburg gesagt, "ist immer die Freiheit des Andersdenkenden." Oder: Freiheit ist immer die Freiheit zum Andersdenken. Der Philosoph Hans-Georg Gadamer hat das so auf den Punkt gebracht: "Ein Gespräch setzt voraus, dass die Gegenseite recht haben könnte." Sich daran zu erinnern, ist eine vermeintlich schlichte, aber in der Anwendung doch anstrengende Aufgabe, der man sich täglich stellen kann: am Stammtisch, in Online-Debatten oder an der Kaffeetafel beim Familienfest, wenn ein Streit heraufzieht. Was wäre eigentlich, wenn die Gegenseite recht hätte?

Mehr zu "Das ist deine Meinung" lesen Sie hier und hier.

Die Abstimmung und das Ergebnis

Was muss sich in Deutschland ändern? - haben wir zu Beginn des Democracy Labs gefragt und insgesamt weit mehr als 5000 Antworten erhalten. Zum einen auf unserer Deutschlandreise, wo Passanten Hunderte Karten ausgefüllt haben, die wir gesammelt und ausgewertet haben. Und zum anderen online bei einer Plakataktion, bei der alle Interessierten auf einem virtuellen Wahlplakat ihre Meinungen und ihre Forderungen öffentlich machen konnten. Alle Antworten haben wir ausgewertet und aus denen, die uns häufiger begegnet sind, zehn Themenbündel geschnürt und online zur Wahl gestellt. 

Aus den mehr als 7500 abgegebenen Stimmen ergibt sich ein relativ deutliches Bild. Den Teilnehmern der Abstimmung waren vor allem die Themen soziale Ungleichheit, Umweltschutz, Bildungspolitik, Flüchtlingspolitik und die Frage nach Werten für Politik und Gesellschaft wichtig (siehe Grafik). 

Hier lesen Sie mehr zur Themenauswahl und zur Abstimmung

Durch die Republik: die Deutschlandreise

„Was macht ihr eigentlich hier?“ Berechtigte Frage, schlichte Antwort: In Zeiten, in denen zwar viel geredet wird, aber oft sehr ruppig und unversöhnlich, wollte die SZ direkt von den Bürgern hören, was sie ärgert und freut. Insgesamt zwei Dutzend SZ-Redakteure machten sich, in mehreren Teams, mit einem VW-Bus auf zu einer fast zweiwöchigen Reise durch Deutschland. 3000 Kilometer haben sie zurückgelegt. Und dabei bewusst die großen Metropolen links liegen lassen und Städte angesteuert, die nicht jeden Tag in der Tagesschau vorkommen, kleine Orte, die Peripherie, auch die Provinz, wenn man so will. Sie sind mit den Menschen dort ins Gespräch gekommen, haben geplaudert, diskutiert, an jeder Station die Frage gestellt: Was muss sich ändern in Deutschland? Und kluge, überraschende, konstruktive Antworten bekommen.

Das komplette Reisetagebuch zur Deutschlandtour können Sie hier nachlesen.

Süddeutsche Zeitung

An jeder Station haben die Reporter des Democracy Labs aber nicht nur den Bus abgestellt, den Sonnenschirm aufgespannt und mit den Menschen am SZ-Stand diskutiert. Sie haben sich auch Hinweise für Recherchen geben lassen, haben sich umgehört, was die Menschen umtreibt und sind jenen Themen nachgegangen. Herausgekommen sind Reportagen mit ganz unterschiedlichen Facetten und zu ganz speziellen Themen - deren Bedeutung trotzdem über die jeweiligen Stadtgrenzen hinausgeht.

Geschichten von unterwegs

Eine Bilanz der Plakataktion

Die Menschen, die wir unterwegs auf der Deutschlandreise nicht getroffen haben, konnten uns online ihre Meinung sagen - oder vielmehr malen. Mit einem neuen Tool konnten Interessierte ein eigenes Plakat gestalten - und so uns und allen Lesern mitteilen, was Ihre Antwort auf die zentrale Frage des Projekts ist. Herausgekommen sind dabei mehr als 5000 kleine Kunstwerke und große Botschaften - wie diese hier unten. 

Alle Plakate können Sie sich hier anschauen - und hier finden Sie eine Auswahl der wichtigsten Forderungen und der originellsten Botschaften.

Die SZ solle öfter rausgehen, ihre Diskurs-Werkstatt intensivieren, das Democracy Lab größer aufziehen, haben sich Leser gewünscht. Wir arbeiten daran, auch weil ein Wunsch immer wieder laut wird: zu sagen, was einem wichtig ist, was einen umtreibt. Und der Wunsch nach offener, fairer Debatte. Wir wollen uns austauschen, uns auseinandersetzen, vielleicht auch streiten - in jedem Fall möchten wir nicht bei der Problembeschreibung aufhören, sondern Lösungen suchen für die Themen, die Sie bewegen. Im besten Fall lernen wir bei diesem Projekt also nicht nur etwas über die politischen Inhalte, sondern auch über die Frage, wie wir wieder besser miteinander ins Gespräch kommen und debattieren können. Das Democracy Lab ist wie gesagt ein Experiment. Machen Sie mit - bei den Diskussionen, im Netz und vor Ort. Und wenn Sie noch Fragen oder Anregungen haben, schreiben Sie uns an democracylab@sz.de.

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