Der Mann, der Angela Merkel auf den Gipfel helfen soll, blickt auf einen furchterregend hohen Berg. Säuberlich gestapelt liegen unzählige Akten vor ihm auf dem Tisch. Lars-Hendrik Röller ist Merkels wichtigster Sherpa. Er hat sich Zeit für ein Gespräch genommen, obwohl die Lücken in seinem Kalender so schmal sind wie Nadelöhre. Röller sitzt in seinem Büro im Kanzleramt und streicht sich über den Bart. Er strahlt Ruhe aus. Die kann er gut gebrauchen.
Der Gipfel ist das außenpolitische Top-Ereignis für die Kanzlerin in diesem Jahr. Am 7. und 8. Juni empfängt Merkel auf Schloss Elmau in Oberbayern die Staats- und Regierungschefs der G-7-Staaten. Hinzu kommen die Präsidenten des Europäischen Rates, der EU-Kommission und Vertreter aus afrikanischen und asiatischen Staaten. Dieses Treffen bereitet Röller, im Hauptberuf wirtschaftspolitischer Berater der Bundeskanzlerin im Range eines Abteilungsleiters, seit dem vergangenen Herbst vor.
Zwei Wochen vor dem Gipfeltreffen läuft die heiße Phase: Röller zeigt mit einer Handbewegung, wie die Arbeit in den vergangenen Tagen zugenommen hat. Läge diese ansteigende Kurve auf dem Weg zum Gipfel tatsächlich an einem Berg, dann wäre es ein Steilhang, in dem man sich nur mit Steigeisen und Pickel bewegen könnte.
Auf 1.000 Metern Höhe findet das Treffen der wichtigsten Politiker der Welt statt. Die Kritik daran: laut und heftig. Zu weit weg von den Problemen der Bürger, zu abgehoben erscheinen die Hauptdarsteller des G-7-Gipfels, zu groß empfinden viele den Aufwand – zu gering aber sind in den Augen vieler Kritiker die Ergebnisse solcher Treffen im kleinen Kreis mit großem Brimborium.
Hat sich die Gipfelei überlebt? Zumal jetzt, da von G 8 durch den Ausschluss Russlands nur noch G 7 geblieben ist? Kann man über globale Probleme überhaupt sinnvoll sprechen, wenn ein Land wie China nicht mit am Tisch sitzt? Arbeitet diese Weltregierung nicht an den Problemen von Millionen Menschen vorbei? Lohnt sich das, ein mindestens 150 Millionen Euro teures Gipfeltreffen in den Alpen?
Axel Doering kennt die Berge hier. Seit Jahrzehnten kämpft der ehemalige Förster gegen Großereignisse in der sensiblen Natur, gegen Olympische Winterspiele oder Ski-Weltmeisterschaften. Bei der bayerischen Olympia-Bewerbung 2022 hatte er Erfolg. Den G-7-Gipfel aber, den konnte der Vorsitzende des Bund Naturschutz in Garmisch-Partenkirchen nicht verhindern.
Doering sorgt sich um seine Heimat, er ist wütend.
Nicht alle Gipfelgegner sorgen sich so um das bayerische Bergland. Viele Globalisierungskritiker sorgen sich um die ganze Welt. Sie glauben zu sehen, wie die mächtigsten Menschen der Welt Absprachen treffen, die die Armen noch ärmer machen. Die die Umwelt noch mehr zerstören. Die den Klimawandel vorantreiben. Sie sehen die Verschwörung des Kapitals, die hässliche Fratze des Kapitalismus.
In Deutschland haben viele Menschen dieses Gefühl. Dass da etwas nicht stimmt mit solchen politischen Großveranstaltungen. Dass die Bürger zu wenig beteiligt werden. Dass einem mit dem Gipfel nur eine ganz spezielle Wahrheit verkauft wird. Eine Wahrheit, die eigentlich nichts anderes ist als die Macht einiger weniger.
Birmingham 1998, Köln 1999, Évian am Genfer See 2003, Gleneagles 2005: Das sind die Namen und Daten, die für gewaltsamen Widerstand stehen. Höhepunkt der Proteste und trauriger Höhepunkt der Gewalt waren allerdings zwei andere Veranstaltungen. 2001 protestierten Hunderttausende Globalisierungsgegner in Genua – ein Demonstrant wird von einem Polizisten erschossen. 2007 dann Heiligendamm an der Ostsee. Der letzte Gipfel auf deutschem Boden.
Rückblende: Hüfthoch und feucht steht der Roggen rund um den Kurort Heiligendamm.
Zwei, drei Stunden dauert der Marsch. Zehntausende Demonstranten sind auf dem Weg, schlängeln sich wie eine riesige Muräne durch den Roggen. Zwischen den Bäumen alle zwei Meter ein Polizist, alle 50 Meter ein Wasserwerfer. Dazwischen die Mannschaftswagen. Sie werden keine Chance haben.
Der Protestzug teilt sich. Aus dem einen großen Strang werden fünf kleinere. Fünf-Finger-Taktik – die legendär gewordene Strategie der Demo-Organisatoren, um die Polizeiketten zu durchbrechen.
Auf der gesamten Breite des Feldes verteilen sich die fünf Finger. Mit jedem Finger pflügen Tausende Demonstranten auf die viel zu wenigen Sicherheitskräfte zu. Wasserwerfer spritzen.
Polizisten versuchen mit Schlagstöcken so etwas wie Gegenwehr. Dann werden sie überrannt. Es sind Bilder, die an mittelalterliche Schlachten erinnern.
Mehr als 17.000 Polizisten sind rund um Heiligendamm im Einsatz. Sie können nicht verhindern, dass die Demonstranten in die Sperrzone kommen und bis an den Zaun vordringen, der das Tagungshotel schützt. Für die deutsche Linke war der G-8-Gipfel in Heiligendamm das größte Spektakel der vergangenen Jahrzehnte.
Jetzt kommt der Gipfel wieder nach Deutschland.
Die Mobilisierung für Elmau läuft noch schleppend, die Gegner sind gespalten. Die Gemäßigten werden eher in München bleiben.
Die Radikaleren fordern: Stoppt G 7. Sie wollen da hin, wo die Mächtigen sind. Oder wenigstens zum Zaun.
Früher trafen sich die Staatenlenker der Industrienationen in London, Paris, Tokio, München. Doch seit Genua, seitdem Globalisierungsgegner die Gipfel nutzen, um gegen den Kapitalismus zu randalieren, tagt es sich nicht mehr so leicht in großen Städten.
Nun gilt die Maßgabe für die Gipfel einen Ort zu wählen, der möglichst abgelegen ist und gut abgesichert werden kann. Die Angst ist groß, dass die Demonstranten mit ihren Aktionen die Aufmerksamkeit völlig auf sich ziehen. Und den Gipfel für die Politiker ruinieren. Deshalb finden die Treffen nun an Orten statt wie Lough Erne, Nordirland. Oder in Heiligendamm. Und nun eben im bayerischen Bergland. Hier leben weniger Menschen, und deshalb kommen auch weniger zum Demonstrieren, so das Kalkül.
Doch das Gelände bereitet der Polizei Probleme. Wie beschützt man einen Ort, der völlig ungeschützt in freier Natur liegt?
Zum Beispiel, indem man nicht über die Taktik spricht. Die Polizei gibt sich Wochen vor dem Gipfel verschlossen. Wo werden wie viele Beamte im Gelände eingesetzt? Wo sieht man die Gefahren? Wo und wie könnten Gipfelgegner zum Schloss Elmau vordringen – über den Ferchenbach aus Mittenwald? Über Wamberg? Oder die Partnachklamm? Kein Kommentar.
Seit Monaten streifen Hunderte Polizisten durch das Naturschutzgebiet rund um Schloss Elmau, sie sollen Verdächtiges an die Zentrale melden. Manche tragen Uniform, manche Rucksack und Wanderschuhe; man kann sie leicht identifizieren an den Funkgeräten und Schusswaffen. In der Nähe des Hotels hält einem ständig irgendwer einen Ausweis vor die Nase und fragt: Wer sind Sie? Was machen Sie hier? Sogar das Schengen-Abkommen wird außer Kraft gesetzt – um Grenzkontrollen zu ermöglichen.
Die Polizei wirkt nervös. Und bereitet sich akribisch vor.
Vor Ort laufen die Vorbereitungen für den Gipfel seit Monaten. Schwere Laster, Kräne, Telekom-Transporter und Polizeibusse brettern im Minutentakt durch Klais, den letzten Ort vor Schloss Elmau. Die Straße ist frisch geteert, darunter liegen neue Wasser-, Strom- und Breitbandleitungen, alles muss doppelt vorhanden sein – für den Notfall. Aus dem Wald ragen Funkmasten, extra aufgestellt für den Gipfel. Aus dem Parkplatz für Wanderer hinter dem Hotel ist ein Landeplatz geworden, für sechs Hubschrauber. Weiter unten wird eine Brücke verstärkt, vielleicht, um “The Beast” tragen zu können, den gepanzerten Wagen von Barack Obama.
In Garmisch, viele Kilometer vom Tagungshotel entfernt, wird das Eissportzentrum umgebaut, hier entsteht das große Pressezentrum für die weniger wichtigen der 5000 erwarteten Journalisten. In Elmau steht ein weiteres für 300 Journalisten, die näher ran dürfen an die Mächtigen. Davor ein hölzernes Gerüst auf zwei Etagen für die Kamerateams aus aller Welt. Wer es betritt und nach Südwesten blickt, sieht im Vordergrund den urigen, historischen Teil des Hotels, im Hintergrund den beeindruckenden Wettersteinkamm.
Das sind die Bilder, die um die Welt gehen werden. Das sind die Bilder, die sich der Freistaat wünscht.
Bayern hat schon im Vorfeld Millionen in die Region gepumpt. Die Rathäuser in Mittenwald und Krün wurden saniert, die Bahnhöfe in Klais und Mittenwald verschönert, auch wenn zum Gipfel keine Züge fahren. Für 1,3 Millionen Euro hat die Staatsregierung neue Fahrzeuge für die Feuerwehren in Krün, Mittenwald, Wallgau, Garmisch und Partenkirchen an geschafft, auch wenn die vielleicht gar nicht gebraucht werden.
Die Polizisten aber, die werden zum Gipfel im Wald stehen. Zu Tausenden. Hingebracht vom eigens eingerichteten Shuttledienst mit 100 Polizeibussen. Auf den Bergen im Werdenfelser Land werden staatliche Aufpasser sitzen, die Gleitschirmflieger wieder nach Hause schicken. Ein Sportler, der auf die Hotelterrasse fliegt? Ein Horrorszenario für die Sicherheitskräfte.
Ein Dutzend Verpflegungsstationen werden allein im Sicherheitskreis 2 für die Polizisten eingerichtet, 56 Toilettencontainer sind angefordert. Im Wald rund um das Tagungshotel gibt es nicht nur eine eigene Feuerwache, sondern auch ein medizinisches Zentrum für die Erstversorgung. Etwa 1.500 Sanitäter, Bergretter, Ärzte und Feuerwehrleute sind zu jeder Zeit verfügbar.
Sollte es zu gewalttätigen Protesten kommen, wartet in Garmisch-Partenkirchen ein eigenes Justizzentrum auf mögliche Delinquenten. Insgesamt sind etwa 100 Richter in Bereitschaft, dazu kommen 17 Staatsanwälte. Sie sollen dafür sorgen, dass es zu keinem langen Stau in den Zellen des Polizeizentrums kommt. Auf der anderen Seite werden 50 Verteidiger erwartet, die sich um die Rechte der Festgenommenen kümmern wollen.
Für Polizisten in Bayern gilt schon lange eine Urlaubssperre. Um sie unterzubringen, hat das Innenministerium vom 4. Mai bis zum 12. Juni insgesamt 220.000 Übernachtungen in den umliegenden Pensionen und Hotels bis weit nach Tirol hinein gebucht.
Bis zu 17.000 reguläre Polizisten sollen die Mächtigen schützen, 10.000 aus Bayern, 7.000 aus anderen Bundesländern. Hinzu kommen Kollegen von Bundespolizei und Bundeskriminalamt. 2.100 Beamte sichern die Grenze auf der österreichischen Seite. Rechnet man die offiziellen Angaben zusammen, kommt man auf bis zu 26.250 Polizisten. Zum Vergleich:
Die Bundeskanzlerin hat die Gipfeltreffen in den vergangenen Jahren stets verteidigt. Auch sie persönlich hat einen gewaltigen Aufwand betrieben. Angela Merkel reiste in den vergangenen Monaten zur Vorbereitung in alle Hauptstädte der G-7-Staaten: Sie war in Ottawa, Washington, London, Paris, Rom und Tokio. Das macht nicht jeder G-7-Vorsitzende. Die Bundesregierung will den deutschen Vorsitz dazu nutzen, auf mehreren politischen Gebieten Wachstum und Nachhaltigkeit zu verbinden. So ganz allgemein will das inzwischen fast jeder. Die Details sind das Problem. Und Merkel weiß, wie sehr die G-7-Treffen im Verdacht stehen, hohe Kosten und heiße Luft zu verursachen, aber keine konkreten Ergebnisse hervorzubringen.
Ihr wichtigster Organisator, Sherpa Lars-Hendrik Röller, trifft sich deshalb kurz vor dem Gipfel in Elmau mit seinen Kollegen aus den Hauptstädten der anderen G-7-Staaten. Fünf solcher Treffen hat es in den vergangenen Monaten schon gegeben. Jetzt verhandeln sie drei Tage lang über das sogenannte Kommunique.
Immer öfter haben in den vergangenen Jahren aktuelle Turbulenzen wie die Finanzkrise oder auch außenpolitische Konflikte die Treffen überlagert. So dürften in diesem Jahr die Sanktionen gegen Russland wichtig werden. Auch der weitere Umgang mit der Euro-Krise und mit Griechenland wird ein großes Thema sein.
Aber es gibt auch einen Kernbereich von Themen, die typisch für G 7 sind. Frauenförderung, Gesundheitsthemen wie Ebola, die Meeresverschmutzung, Ressourceneffizienz und Standards in Handels- und Lieferketten sind die Schwerpunkte, die Deutschland als Schwerpunkte auf die Agenda gesetzt hat. Worauf die Sherpas sich in der Klausur nicht einigen können, das müssen am Ende die Chefs unter sich besprechen. Das Kommunique ist der politische Impuls, die Absichtserklärung, die von diesem Gipfel ausgehen soll.
Doch zumindest was die Lösung akuter Krisen angeht, geben die Erfahrungen der vergangenen Jahre Merkels Wertschätzung für die Gipfel nur sehr bedingt recht. 2013 berieten die Staats- und Regierungschefs in Lough Erne stundenlang über den Syrienkonflikt, ergebnislos und ohne Folgen. 2014 dann betraf die Ukraine-Krise das Treffen selbst: Der für Sotschi geplante G-8-Gipfel wurde abgesagt, statt dessen traf man sich kurzfristig zu siebt in Brüssel – und redete ohne Russland über die Ukraine.
150 Millionen Euro sind veranschlagt. Es werden sicherlich noch mehr. Mehr als 150 Millionen Euro für folgenlose Plauderei? Mehr als 150 Millionen Euro für ein paar Bilder vor schöner Kulisse?
Wie viel ist das überhaupt? Im Vergleich zu dem, was die EU in einem Jahr für die Operation Triton und damit für die Organisation der Rettung von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer ausgegeben hat? Oder der Freistaat Bayern für Umwelt- und Naturschutz im Jahr 2015?
Wofür genau das Geld ausgegeben wird, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Die Sicherheitsmaßnahmen werden den größten Teil ausmachen. Doch auch die Organisation des Gipfels schlägt mit einem hohen Millionenbetrag zu Buche. Und was in dieser Zahl nicht eingerechnet ist: Die Kosten, die die Delegationen der anderen Länder selbst tragen. Alleine US-Präsident Obama reist mit angeblich 2.000 Leuten an.
Das meiste zahlt aber Deutschland. Die Bundeskanzlerin, genauer gesagt die deutsche Regierung und deren Chefin, lädt ein. Merkel freilich hat so richtig viel mit der konkreten Vorbereitung nicht zu tun. Wie die Blumengedecke aussehen werden, wie der Tischschmuck und wie die Ausstattung in den einzelnen Suiten, das entscheiden die Protokoll-Experten des Auswärtigen Amtes. Sie tauschen sich mit ihren Kollegen in den anderen Ländern aus, fragen nach kulinarischen Vorlieben genauso wie nach Unverträglichkeiten. Lebensmittelallergien zum Beispiel oder Diät-Gewohnheiten.
Und wenn das in Erfahrung gebracht ist, beginnen die Überlegungen für die Menüfolge, also für das geplante Arbeitsabendessen am ersten Tag und das geplante Arbeitsmittagessen am zweiten. Womöglich noch wichtiger und auf alle Fälle nicht weniger kompliziert ist die Frage, was wer nach den offiziellen Treffen noch gerne essen oder trinken würde. Zwischendurch. Abends. Nachts. Zum Frühstück. Die Küche ist zum Gipfel rund um die Uhr besetzt, heißt es aus dem Hotel. Wenn also David Cameron nachts um vier Uhr einen Burger verspeisen möchte, dann reicht ein Anruf bei der Rezeption.
Allerdings werden, wenn die Sache mit den Menüs entschieden ist, nicht die Protokoll-Experten Suppe oder Bier servieren. Sie sind erneut nur das Ende einer längeren Kette, die mit den Zimmermädchen, den Bedienungen, den Gärtnern und Köchen beginnt. Bis zu 300 Hotel-Mitarbeiter haben an den beiden Gipfeltagen Dienst. Wer noch dazukommt, ist von jener Event-Agentur eingestellt worden, die für die Bundesregierung den G-7-Gipfel ausrichtet – so wie 2007 den G-8-Gipfel von Heiligendamm.
Dabei handelt es sich um einen Dienstleister, der früher vor allem die Konzerte von Udo Lindenberg organisiert hat. Pool Group heißt die Agentur. Zu ihrer Erfahrung gehören Barack-Obama-Auftritte in Deutschland, aber auch Gewerkschaftstage oder der Papst-Besuch in Erfurt. Von diesem Kaliber gebe es nur ein paar wenige Unternehmen in Deutschland, heißt es in der Regierung. Die Firma selbst erzählt über den eigenen Aufwand: nichts.
Klima, Brandschutz, Strom und die Container – all das aber organisiert die Pool Group. Sogar eine kleine Handwerksmesse haben sie in Garmisch und Umgebung im vergangenen Herbst abgehalten, auf der sich örtliche Elektriker, Installateure, Malermeister vorstellen konnten. So viele Arbeiten wie möglich sollen von Anbietern aus der Region erledigt werden. Das ist nicht etwa eine nette Geste, sondern absolute Pflicht, wenn man die örtliche Bevölkerung überhaupt für solche Großereignisse gewinnen möchte.
Und plötzlich tauchen auch noch Probleme auf, die keiner erwartet hatte. Alles denkt ans Schloss – und dann werden die Container knapp. Ganz normale Container. Seit Monaten sind kaum noch welche zu haben und die Miete hat sich wegen der großen Nachfrage verdoppelt. Städte und Gemeinden brauchen Container zur Unterbringung von Flüchtlingen, die derzeit in großer Zahl nach Deutschland kommen – also fehlen sie jetzt dem G-7-Gipfel. Und so grübeln die, die für den Gipfel die organisatorische Verantwortung tragen, wo sie ihren Bedarf decken können, beispielsweise zur Unterbringung von Klima- und Kommunikationstechnik, aber auch vielem anderen. Frankreich, Tschechien, Österreich – mancher Container wird aus dem Ausland zu Besuch kommen.
Aber wie wurde Elmau eigentlich zum Ort der Orte? Berliner Spötter sagen, Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt habe bei den Koalitionsverhandlungen das Hotel-Resort in seinem Wahlkreis ins Spiel gebracht. Offiziell hat eine kleine Truppe aus Vertretern des Protokolls und des Bundespresseamts vor knapp zwei Jahren begonnen, geeignete Orte auszukundschaften. Nach deren Einschätzung gibt es hierzulande maximal ein Dutzend Resorts, die in Frage gekommen wären.
Jede Delegation braucht allein für die Kernmannschaft eine Suite und 15 zusätzlicher Zimmer. Plus Kapazitäten für den Rest der Delegationen. Es geht aber auch um technische Feinheiten. So sind bei den eigentlichen Gesprächen manchmal die Sherpas dabei, manchmal sind die Staats- und Regierungschefs aber unter sich – und die Sherpas sind irgendwie leise zugeschaltet. Für Details. Zur Absicherung. Für Nachfragen.
Und zur Organisation gehören nicht nur die Sitzungen selbst. Auch ein Kulturprogramm, eine entspannte Atmosphäre, ein Programm für die Partner soll es geben. Wie das in 26 Stunden Treffen reinpassen soll, ist ein Geheimnis, das bislang niemand in der Regierung preisgeben möchte.
Schloss Elmau jedenfalls ist bereit für das Gipfeltreffen.
Was jetzt organisatorisch noch schiefgehen kann? Das Wetter. Wo doch die Bilder so wichtig sind! So wie es den Japanern passiert ist. Als sie das Treffen im Sommer 2008 ausrichteten, war alles wunderschön – bis der Nebel aufzog. Kaum noch Fotos, sehr wenig Schönwetter-Image-Pflege, es ist ein ziemlich nüchternes Treffen geworden. Mit wenig Ergebnissen.
Der Einfluss der G-8- und G-7-Gipfel ist in den vergangenen Jahren geschwunden. Die G 7 setzen sich zwar aus einigen der wichtigsten Politiker der westlichen Welt zusammen, sind aber trotzdem nur ein informelles Gremium, eine Gruppe, die Anstöße geben und Ziele setzen kann, denen sie sich verpflichtet – für den sie den Rest der Welt aber noch gewinnen muss.
Für eine globale Antwort auf die Finanzkrise hatte sich das Format der G 20, in dem vor allem wirtschaftlich aufstrebende Schwellenländer neben den Industriestaaten mitreden konnten, als besser geeignet erwiesen. Doch für die Lösung von politischen Problemen ist die Gruppe der 20 untauglich. Vor allem China will ausschließlich über wirtschaftliche Fragen sprechen.
Deshalb bleibt für globale Impulse nicht viel mehr als G 7. Gelegentlich kann es schon als Erfolg gelten, wenn die sieben Staaten untereinander bei schwierigen Themen nicht in Konflikt geraten.
Und so verhält es sich mit dem G-7-Gipfel ganz ähnlich wie mit der Demokratie: Es ist unter vielen unbefriedigenden Formaten immer noch das Beste.