Qbano und Mustafa Sali rappen für ein besseres Image
Es ist der Song "Pallas" von Gangster-Rapper Fler. Auf dem Cover des dazugehörigen Albums "Weil die Straße nicht vergisst" prangt der Plattenbau von der Posdamer Straße. In dem Lied erzählt Fler von seinem Leben am Pallasseum. Von sich als "weißem Tiger" im "Ausländerdschungel". Davon, wie er die ganze Nacht Kokain im Treppenhaus dealt, Kiefer bricht und Ärger mit der Polizei hat.
Er rappt: "Wo ich bin? Ich häng am Pallas rum. Denn ich bin nicht wie die anderen Jungs. Woher ich komm? Aus dem Beton. Nichts ist umsonst, ich komm aus Schöneberg."
Für fast alle Schöneberger Rapper, die mit dem Label "Aggro Berlin" in den nuller Jahren in ganz Deutschland bekannt wurden - Bushido, Fler, Alpa Gun - spielte das Pallasseum in Texten und Videos eine große Rolle. Der raue Betonriese, der als Drogenumschlagsplatz bekannt war, sollte ihrem Anspruch, aus dem Ghetto zu kommen, Authentizität verleihen.
In diesem Stil wird das Pallasseum auch heute noch besungen. Dabei bekommen die Texte und Bilder aber einen nostalgischen Unterton. Flers Albumcover zeigt ein Foto aus dem Jahr 2002. Mit dem Gebäude, wie es seit der Sanierung im Jahre 2003 aussieht, lässt sich kein Gangster-Rap-Album mehr verkaufen.
Die Rapper, die heute im Pallasseum wohnen und versuchen, sich zu etablieren, gehen deshalb andere Wege. So wie Jason Medina, der sich "Qbano" nennt.
Den Gangster will Medina nicht spielen. "Das Erste, was diese scheiß Gangster-Rapper machen", sagt er, "ist raus aus der Gosse ziehen. Bushido hat alle vergiftet und jetzt wohnt er mit seinen Kindern draußen in der Idylle am Stadtrand". Bushido könne ruhig weiter von Fixen, Crack und Nutten rappen, meint er, aber dann solle er auch ins Pallasseum kommen und sehen, was seine Texte in den Köpfen der Kinder anrichten.
Medina will ihnen eine positive Botschaft vermitteln. Er hat schließlich selbst drei Kinder. Seit einem Jahr wohnt der 28-Jährige mit seiner Familie hier. Weil seine Frau im Pallasseum aufgewachsen ist, haben sie eine der begehrten Drei-Zimmer-Wohnungen bekommen.
Die Jugendlichen im Pallasseum verstünden seinen positiven Rap noch nicht richtig, sagt Medina. Das Aggro-Berlin-Konzept sitzt tief. Den meisten wäre es lieber, wenn er davon erzählen würde, wie krass es hier ist. Und wenn er den Jungs aus den anderen Berliner Kiezen "ein paar aufs Maul wünschen" würde.
Für Mustafa Sali, der schon sein Leben lang im Pallasseum wohnt, war Bushido ein Idol. Schon in der Grundschule hat er seine Musik gehört. Sie hat ihn zum Rappen gebracht.
Salis Onkel, ein Musikproduzent, bemerkte als Erster dessen Talent. Als er hörte, dass sein Neffe mit zehn Jahren schon Texte schrieb, baute er ihm einen Beat und war baff, dass der kleine Mustafa sofort den Takt traf.
Seine Mitschüler nannten Sali bald nur noch den Rapper. Er freestylte auf dem Schulhof und feilte zu Hause an seinen Texten.
Bushido, sagt er, fasziniere ihn heute nicht mehr so sehr. "Der alte Bushido hatte etwas Hungriges, das mochte ich. Er wollte unbedingt nach oben. Aber jetzt ist er ganz oben angekommen." Überhaupt, glaubt Sali, habe sich der Aggro-Berlin-Stil etwas überlebt: "Ein Text à la ‚Ich ficke deine Mutter auf dem Perserteppich’ war damals krass, aber heute würde jeder nur sagen: Nicht schon wieder eine Zeile über deine Mutter."
Sali sucht tagelang, um Reime zu finden, die schön klingen. In seinen Texten geht es nicht darum, wie er einem anderen das Nasenbein bricht. Er erzählt lieber von seinem Alltag im Pallasseum - von seinen Problemen und Sorgen - und hofft, dass sich die Jugendlichen damit identifizieren können.