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7. WG mit Waffen

7. WG mit Waffen

Am Ende ihrer langen Zeit im Untergrund lebten Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt recht komfortabel: In einer großen Vier-Zimmer-Wohnung mit Wohnküche und zwei Bädern in der Frühlingsstraße in Zwickau. Sie hatten sich die Wohnung nach ihren Bedürfnissen eingerichtet: Es gab ein Sportzimmer mit Hantelbank und Laufband, es gab ein Katzenzimmer mit zwei Kratzbäumen und ein Wohnzimmer mit einer Computerecke und der Sitzcouch mit dem aktuellen Fernsehprogramm. In dieser Wohnung lagen in Regalen und Schränken bündelweise Geldscheine aus verschiedenen Raubüberfällen, dazu fast ein Dutzend Pistolen und eine Pumpgun, im Tresor lagerten zudem die Handschellen und die Waffe , die Mundlos und Böhnhardt der überfallenen Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn abgenommen hatten. Und in der Wohnung wurde auch eine blutdurchtränkte Hose gefunden, die offenbar jahrelang nicht gewaschen worden war. Es war die Hose von Uwe Mundlos, die dieser bei der Ermordung von Michèle Kiesewetter getragen hatte. Die Flecken auf der Hose kamen von ihrem Blut. In einer Abstellkammer hatten die Bewohner die DVDs mit dem Bekennervideo gelagert sowie einen Kanister Benzin – um damit die Wohnung abzufackeln,

falls sie entdeckt würden. Die zehn Morde geschahen, als die drei noch viel beengter wohnten: Sie hausten erst in einem Ein-Zimmer-Appartement, dann zogen sie in eine Zwei-Zimmer und dann in eine Drei-Zimmer-Wohnung in Zwickau um.

Die Positionen

Anklage

Wer je in einer WG gewohnt hat, weiß, dass sich im Zusammenleben kaum etwas verheimlichen lässt: nicht die neue Freundin, nicht der One-Night-Stand, nicht die dreckige Wäsche und auch nicht, dass einer der Bewohner Pornos schaut. Irgendeiner kommt immer im falschen Moment durch die Tür. Nur Beate Zschäpe will nicht mitbekommen haben, wie ihre Lebensgefährten detailliert Morde planten, Stadtpläne nach neuen Zielen durchforsteten und das Bekennervideo schnitten. Und das, obwohl sie zugibt, die Paulchen-Panther-Musik des Videos immer wieder aus dem Zimmer von Mundlos gehört zu haben. Sie habe sich aber nie etwas dabei gedacht. Für die Staatsanwaltschaft sind solche Erklärungen lebensfremd. Vor allem Zschäpes Aussage, dass sie ständig die Waffen der Männer gesehen und sogar aufgeräumt habe, zeigt ihr Wissen um die Gewaltbereitschaft ihrer Gefährten. Wer Morde ablehnt und verhindern will, beseitigt Waffen – er räumt sie nicht auf.

Verteidigung

Beate Zschäpe erklärte, sie habe keine einzige Waffe beschafft. Aber sie habe aufgeräumt. "Ich hatte ab und zu eine Pistole in den Schrank weggeräumt, wenn sie offen herumlag, weil ich dies nicht wollte", erklärte sie. Sie habe darauf bestanden, dass die Männer ihre Pistolen in der Wohnung so deponieren, dass sie sie nicht sehen konnte. Die Männer hätten die Waffen deswegen oben auf den Wohnzimmerschrank gelegt oder sie im Bettkasten versteckt. Doch offenbar gewöhnte sie sich an die Waffen. "Im Laufe der Jahre legten sie ihre Pistolen hin und wieder neben den Computerbildschirm auf den Tisch (Uwe Mundlos während des Spielens am Computer) oder sichtbar ins Regal", berichtet Zschäpe von den Gewohnheiten ihrer Gefährten. Akzeptiert habe sie das aber nie. Die Männer hätten im Laufe der Jahre verschiedene Pistolen gehabt. "Im Jahr 2011 ging ich schätzungsweise von rund einem Dutzend Waffen aus", erklärte sie. Mit dieser Schätzung lag sie richtig. Es waren genau elf, die im Brandschutt gefunden wurden, dazu noch mehrere im ausgebrannten Wohnmobil. Doch sie habe kein Verhältnis zu den Waffen gehabt. "Am 4.11.2011 (dem Tag, an dem sie vom Selbstmord ihrer Gefährten erfuhr) kam mir nicht der Gedanke, die Pistolen einzusammeln und sie gezielt zu entsorgen, zum Beispiel in einen Abfallcontainer", erklärte sie. Es sei ihr egal gewesen, dass die Waffen gefunden würden.

Auch Menschen, die im Untergrund leben, haben banale Probleme - zum Beispiel: Gewichtsprobleme. Wie Beate Zschäpe darauf gewettet hat, schnell sechs Kilo abzunehmen. Und was das über ihre Mitarbeit am NSU-Bekennervideo sagen könnte.

8. Die Wette