8. Die Wette
Beate Zschäpe wollte abnehmen. Sechs Kilo, um schlank in den Urlaub zu fahren. Als Ansporn hat sie mit ihren Freunden gewettet. Solche von Uwe Mundlos gestalteten "Wettverträge" fanden die Ermittler auf einem Datenträger aus der Wohnung des Trios in Zwickau. Sie sei sicher, dass ihre "tolle Figur" bis zum 1. Mai "mit schlanken 62 Kilogramm absolut sommer- und strandtauglich" sein werde, heißt es da auf Seiten Zschäpes. Neben einem Foto mit Uwe Böhnhardt, Spitzname "Böhni", ist auch sein Ziel vermerkt: 85 Kilo. Wer es nicht schafft, wird mit Arbeit bestraft. Zschäpes Wetteinsatz: "10 x die Stube putzen, 200 x Videoclips schneiden" und einmal "die Wohnung säubern (außer die Schlafzimmer)". Auch "Killer" – das war vermutlich der Spitzname von Uwe Mundlos – konnte sich beteiligen und entweder auf Zschäpe oder auf Böhnhardt wetten.
Auf einer weiteren Datei mit dem Namen "fett1.cpt" ist Beate Zschäpe mit einem lustigen, großen Hut zu sehen. Daneben sind, wie bei einem Formular, Felder für Unterschriften und die Wette eingezeichnet. Im selben Ordner des Datenträgers wurden Fotodateien sichergestellt, welche Böhnhardt beim Putzen der Wohnung und der Toilette zeigen. Das legt zumindest nahe, dass er die Wette verloren und Zschäpe gewonnen hat. Auf dem Dateiträger ist auch eine Online-Ausgabe von Adolf Hitlers „Mein Kampf“ gespeichert.
Die Positionen
Anklage
Zschäpes Wetteinsatz belegt, dass sie Kenntnisse in der Videobearbeitung haben muss. Denn sonst ergäbe es keinen Sinn, dass sie 200 Videoclips schneiden sollte, falls sie verlieren würde. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft deutet das daraufhin, dass die Angeklagte in die Erstellung der NSU-Bekennervideos eingebunden war. Um das relativ komplexe Video zu erstellen, waren zahlreiche Schnitte notwendig.
Verteidigung
Von dem Wetteinsatz lässt sich nicht auf eine Beteiligung Zschäpes am Bekennervideo schließen. In der ausgebrannten Wohnung wurden auch zahlreiche Videos mit harmlosen Inhalten – Aufzeichnungen von Fernsehserien – gefunden. Und auf diese, so Zschäpe, habe sich ihr Wetteinsatz bezogen. Denn Böhnhardt und sie seien "genervt" gewesen von den vielen Werbeeinblendungen und den Wiederholungen zu Beginn einer Episode. "Deshalb nahmen wir alle Filme und Serien, die wir anschauen wollten, auf der Festplatte unseres Recorders auf, um mit der Schnellvorlauftaste die Passagen überspringen zu können." Böhnhardt habe die Idee gehabt, die ungewollten Passagen mit der Fernbedienung herauszuschneiden, was aber "extrem langweilig war". Vom Schneiden am Computer habe sie hingegen "nicht die geringste Ahnung", ließ Zschäpe erklären. Nun hat auch das Bundeskriminalamt die DVDs mit TV-Serien wie "Dr. House" genauer überprüft, es fanden sich in der Tat herausgeschnittene Werbeblöcke. Das erscheint nun auch den Ermittlern als "realistische Wetteinlage" und entkräftet das Argument der Staatsanwälte.
Im Urlaub ist man entspannt. Und diese Entspannung kann leichtfertig machen. Wie Beate Zschäpe sich an der See mit einer jungen Frau anfreundete - und dabei mehr verriet, als ihr lieb sein kann.